Vogelspinne pikant frittiert

Abschied von Phnom Penh und Vibols Lexus

(2019) Heiligabend beginnt mit einem ordentlichen Frühstück auf der Poolterrasse. Wegen der warmen Morgensonne suchen wir uns mit Fruchtsaft, Obstteller und Spiegelei ein schattiges Plätzchen, was angesichts der üppigen Botanik in der kleinen Hotelanlage nicht schwer ist. Wir lassen spannende Tage in Phnom Penh Revue passieren. Übereinstimmend finden wir Kambodschas Hauptstadt cool. Sie hat unsere Erwartungen übertroffen. Für die nächste Reiseetappe nach Siem Reap haben wir direkt im Hotel ein Auto mit Fahrer gebucht. Einen Flug erwägen und verwerfen wir gleich wieder. Das Umsteigen in Bangkok (!) passt uns nicht und außerdem wollen wir das Land sehen.

Letztes Frühstück in unserer Hotel-Oase in Phnom Penh

Letztes Frühstück in unserer Hotel-Oase in Phnom Penh, Kambodscha, vor unserer Weiterreise nach Siem Reap.

Schon beim Auschecken, kommt in der Lobby ein freundlicher junger Mann auf uns zu und stellt sich als unser Fahrer vor. Er heisst Vibol. Alles klappt ‚mega-easy‘. Wenig später ist unser Gepäck im Kofferraum des etwas betagten aber exzellent gepflegten Lexus SUV verstaut und rollen wir am Mekong entlang nordwärts Richtung Siem Reap. Unterwegs erfahren wir, dass Vibol erst am Morgen in Phnom Penh angekommen war, um nun, nach wenigen Stunden Schlaf in einer Fahrer-Unterkunft, mit uns die Rückfahrt anzutreten. Für seinen Lexus – ein US-Import mit nahe 200.000 Meilen auf dem Tacho – hat er 18.000 Dollar aufgenommen, die er nun mit monatlich 450 Dollar abzahlt. Wir werden für die sechsstündige Fahrt nach Siem Reap 150 Dollar bezahlen.

Für gebratene Tarantel reicht die Überwindung heute nicht auf Skun Spider Market

Vibol erweist sich als Glücksgriff. Er ist kommunikativ und erklärt uns geduldig und in gutem Englisch Land und Leute. Nach rund eineinhalb Stunden Fahrt über gut ausgebaute Straßen machen wir Halt am ‚Spider Market‘ an der Nationalstraße NR6 bei Skun. Der belebte Flecken 80 km nördlich von Phnom Penh ist Markt und Rastplatz in einem.

Würzig-rot frittierte Taranteln (Vogelspinnen) gelten als Delikatesse in Kambodscha.

Würzig-rot frittierte Taranteln (Vogelspinnen) gelten als Delikatesse in Kambodscha.

Sofort ziehen die Auslagen, für die Spider Market berühmt ist, unsere Neugier auf sich. Vogelspinnen, Skorpione, Käfer, Larven und Heuschrecken sind, in Gewürzen mariniert und vorgegart, zu teils halbmeterhohen Pyramiden aufgetürmt und ansehnlich mit frischen grünen Kräutern und scharfen roten Chilis angerichtet. Mit einer Mischung aus Faszination und Grusel besichtigen wir die giftige Fauna, die da in reichem Sortiment zum Verzehr feilgehalten wird. Natürlich bin ich gleich mit der Kamera möglichst nahe dran. Die Marktfrauen registrieren das mit einiger Routine und fordern uns zum Kaufen auf. Tatsächlich nehmen wir ein paar von den fetten Larven. Spinnen und Skorpione regen wohl unsere Fantasie an, nicht aber unseren Appetit.

Spider Market und die Marktfrauen von Skun - bleibendes Kambodscha-Highlight

Auffällig gestylte Marktfrau bietet frittierte Insekten feil.

Auffällig gestylte Marktfrau bietet frittierte Insekten feil.

Unter den teilnahmevollen Blicken der Marketenderinnen kaue ich tapfer auf einem der Tiere herum. Der kulinarische Kick indes bleibt aus – Konsistenz und Textur liegen irgendwo bei ‚kalte Schrimps‘. Ich bin sicher, die geneigte Khmer-Hausfrau zieht die Käfer vor dem Essen nochmal durch heißes Fett, damit sie schmecken. Man soll ja nicht vergleichen, aber die pikant frittierten Heuschrecken vor drei Monaten im chinesischen Shandong haben mich mehr beeindruckt. Die wurden aber auch mit Schnaps gereicht. Nun sind Insekten-Snacks im südostasiatischen Streetfood eigentlich nichts besonderes (mehr). Man überwindet sich einmal und mag es halt oder nicht. Der Verzehr von Taranteln und ähnlich giftigem Getier in Kambodscha hat aber noch einen geschichtlichen Hintergrund: In den Jahren von Bürgerkrieg und Khmer-Rouge-Regime waren sie wichtige, alternative Proteinquelle für die aus den Städten aufs Land gezwungene Bevölkerung. Erst seit den 1980ern entwickelte sich daraus die lokale Delikatesse, mit der die Frauen von Skun ihr Geld verdienen. Als wir wieder ins Auto steigen, sind wir froh, dass wir uns gegen den Flieger entschieden haben. Spider Market und manch andere Wegmarke auf der Fahrt nach Siem Reap wären uns sonst nämlich verborgen geblieben.

Das könnte dich auch interessieren:
Bangkok: Stopover in der Welthauptstadt des Streetfood

Weiter in Kambodscha:
Was ich in Kampot über den teuersten Pfeffer der Welt dazugelernt habe
Noch mehr über Kampot-Pfeffer auf gwrz.de

Pin It on Pinterest

Share This