Was ich in Sri Lanka über echten Ceylon Zimt dazugelernt habe

03.02.2019 | Gewürze, Reisen

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Tagestour zu den Zimtfarmern nach ‎⁨Sabaragamuwa⁩ in der Südprovinz. Teeplantagen mit echtem Ceylon-Zimt, sri-lankische Landküche und Quill-Qualitäten bestärken uns: Reisen bildet.

Sri Lanka. Noch eine Perle, noch ein Paradies im Indischen Ozean.

Cinnamomum zeylanicum od. verum ist wirklich etwas Besonderes. Das fängt schon bei den Menschen an, die ihn erzeugen, verarbeiten und handeln. Sie werden immer Wert darauf legen, dass ihr Zimt der einzig wahre ist, der „echte Zimt“.

Kommt darauf an, wie man „echten Zimt“ definiert. Die Gattung Cinnamomum jedenfalls kommt nicht nur in Sri Lanka vor, und auf der Gattungsebene sind auch die chinesische Zimtkassie C. cassia, der vietnamesische C. loureiroi und der indonesische C. burmannii echte Zimte.

Worauf sich die Sri Lanker etwas einbilden dürfen ist, dass ihr Ceylon-Zimt wahrscheinlich der erste war, der schon im frühen Mittelalter im Westen Verbreitung fand und so eine Art Standard setzte. Dazu kommen Alleinstellungsmerkmale wie die vielen feinen Rindenschichten, die typischerweise in eine Zimtstange eingerollt werden, die feine Textur, der eher liebliche Geschmack und der sehr niedrige Cumarin-Gehalt im Vergleich zu den anderen Arten.

Das mit dem gesundheitsschädlichen Cumarin ist für mich keineswegs entschieden. Cumarin soll in höheren Dosen leberschädigend und krebserregend sein. Auch wenn die EU natürlich gleich einen Grenzwert von 0,1 mg je kg Körpergewicht als unbedenkliche Tagesdosis dekretiert hat, ist in der Humanmedizin kein einziger Fall dokumentiert, dass menschliche Individuen wegen dessen Überschreitung zu Schaden gekommen wären. Ratten indes schon.

Kürzlich las ich dagegen von Studien mit Gaben von C. cassia, in denen nachgewiesen werden konnte, dass das im Zimt enthaltene Cumarin die Metastasierung bei Lungenkrebs signifikant eindämmen kann.

Mehr zum Thema Cumarin kannst du in meinem Artikel „Cumarin in Zimt gefährlich?“ nachlesen. Deine persönliche unbedenkliche Dosis Cumarin in Zimt ermittelst du sehr einfach mit meinem Cumarin-Rechner. Eine kurze Einführung zu Cinnamomum verum findest du in meinem Post „True cinnamon. Echter Zimt.„.

Unsere Fahrt zu den Zimtfarmern führt von der Südwestküste ostwärts in die dschungelbewachsenen Mittelgebirge der Provinz Sabaragamuwa. Trotz exzellenter Fahrbahn brauchen wir für etwas mehr als hundert Kilometer gut zweieinhalb Stunden. Wir bewegen uns auf engen, kurvigen Straßen durch kleine Siedlungen und dichten Dschungel. Vor Biegungen wird gehupt, um den Entgegenkommenden zu warnen. Gebremst wird nicht. Wo sich der Busch am Straßenrand lichtet, eröffnen sich atemberaubende Ausblicke über sattgrüne Täler mit üppiger Vegetation. Und immer wieder Teeplantagen, die wie Lichtungen im Wald verstreut liegen.

Sri Lanka echter Ceylon Zimt in der Teeplantage
Hier entsteht direkt am Ursprung Anandas neue Zimtverarbeitung.

Hier entsteht direkt am Ursprung Anandas neue Zimtverarbeitung..

Investition mitten im Busch. Eine neue Zimtfabrik entsteht in Diyadola im Süden Sri Lankas.

Investition in bester Zimtlage. Eine neue Zimtfabrik entsteht in Diyadola im Süden Sri Lankas..

Echter Ceylon Zimt wächst am besten in seiner natürlichen Waldumgebung.

Keine Monokultur. Guter Ceylon Zimt wächst am besten in seiner natürlichen Waldumgebung

Ananda, unser Begleiter, ist Tee- und Gewürzunternehmer. Wir halten an einem zweigeschossigen Betonskelett mit den Abmessungen einer kleinen Werkhalle am Fuße einer opulent bewaldeten Anhöhe. Hier unten entsteht also seine neue Zimtverarbeitung. Und da oben liegt sein Anwesen – schattig am Rande eines sich über 60 Hektar erstreckenden Berghangs, an dem er mit ein paar Helfern Tee und Zimt kultiviert.

Während seine Teeplantagen als solche zu erkennen sind, wachsen die Zimtbäume wild in ihrer natürlichen Waldumgebung. Das sei der guten Qualität zuträglich und dem optimierten Anbau in Monokultur überlegen. Wie um uns von der hohen Bioqualität seines Zimtes zu überzeugen, beißt Ananda unvermittelt in einen der dünnen Stämme und zieht mit den Zähnen ein Stück Zimtrinde herunter. Wir genießen kurz den Schatten am Waldsaum und einen fantastischen Blick über Teebüsche, Palmenhaine und einen idyllischen Teich zu unseren Füßen. Zimt, der hier wächst, muss besonders sein!

Als wir ins Haus zurückkommen, hat Anandas Frau den großen Tisch gedeckt. Er fasst kaum all die Schälchen und Näpfe, die sie für uns vorbereitet hat. Ein Festessen für die „ersten Europäer“ in der Gegend, wird uns erklärt. Wir genießen authentische sri-lankische Landküche und herzliche Gastfreundschaft. In Erinnerung bleiben uns die gekochten Cashewnüsse in pikanter Sauce, Reispudding mit Zimt und Rosinen sowie Kokosraspeln, die sie hier über das Essen streuen, wie wir zu Hause geriebenen Käse.

Ein schlichter Steinbau unterhalb des Wohnhauses dient als Produktionsstätte. Hier werden Zimtrollen (Quills) sortiert, gemahlen und verpackt. Anandas kleine Firma ist „USDA Organic“ zertifiziert und verkauft organischen Ceylon-Zimt in die USA. Wir erfahren, dass die Zimtwirtschaft in Sri Lanka von zehntausenden kleinen Familienfarmen getragen wird, die sich mit Unternehmern wie Ananda zu Erzeuger- und Vermarktungsgemeinschaften zusammengeschlossen haben.

Verarbeitung von Ceylon Zimt in Sri Lanka
Praxiskurs Qualitätsunterschiede bei echtem Ceylon Zimt

Crash-Kurs in Zimtqualitäten. Die Preisspanne reicht von 6 bis 24 Dollar pro Kilogramm.

Zimtverarbeitung in einer Kooperative in Sabaragamuwa.

Die Anbieter unterscheiden bis zu zehn verschiedene Zimtqualitäten von „Fair Average Quality“ bis „Alba“.

Eine dieser Kooperativen erreichen wir bei strömendem Regen mitten im Dschungel. Der Strom fällt aus und ein Benzingenerator beginnt, seine Abgase in die Produktionsräume zu blasen. Ich registriere die Gelassenheit, mit der auf meinen vorsichtigen Einwand reagiert wird. Auf dem blanken Fußboden werden meterlange Quills, die die Farmer der Umgebung anliefern, in ein halbes Dutzend Qualitäten sortiert, gebündelt, geschnitten und versandfertig gemacht. Eine sichtbare Hygienevorkehrung ist das Ausziehen der Schuhe vor der Tür. Bis unter die Decke stapeln sich rustikal geschnürte Zimtballen, sortiert nach Qualitäten – ein beeindruckendes Bild.

Die günstigste Qualität FAQ (fair average quality) ist an den aus verschiedenen Zimtrindenteilen grob und locker geschichteten, dicken Quills zu erkennen. Etwa sechs Dollar kostet ein Kilogramm davon. Die Qualitäten H(amburg) und C(ontinental) bilden das mittlere Segment. Sie weisen die typische feine Schichtstruktur und hellbraune Farbe auf, an der wir in Europa Ceylon-Zimt erkennen. Die Spitzenqualität heißt Alba und sieht gar nicht aus wie Ceylon-Zimt: Sie besteht aus nur einer zu einem dünnen Quill gerollten, feinen Rindenschicht und ist dunkler als die anderen Qualitäten, fast wie C. cassia. Ihr Preis liegt bei anspruchsvollen 24 Dollar für das Kilo. Außer Safran und Vanille kenne ich kaum Gewürze, die im Ursprung mehr kosten. Eine gute Bio-Nelkenqualität vielleicht oder Kampot-Pfeffer. Und Kardamom natürlich.

In der Tat fällt mir bei meinen späteren Pfeffer-Checks auf, dass hier niemand zu Dumping neigt. Die Preise im sri-lankischen Ursprung sind gemessen an Weltmarktpreisen ordentlich. Die Erzeuger setzen sich im Bewusstsein ihrer guten, gefragten Qualität offensichtlich keinem Preisdruck aus.

Definierte Prozesse, Strukturen oder Hierarchien sind für den Besucher in der Kooperative nicht erkennbar. Dafür entspannte Routine und freundliches Miteinander. Ein vielleicht oberflächlicher Eindruck, der aber zu früheren Beobachtungen etwa im ebenfalls buddhistischen Thailand passt: Gelebte Harmonie und Friedfertigkeit in jeder Situation. Und es fehlt auch das verkäuferische Nachsetzen wie im Westen. Dass wir Fremden uns den Weg hierher gemacht haben, zählt in diesem Moment mehr für’s Karma als der unmittelbare geschäftliche Erfolg.

Mit etwas zeitlicher Distanz zu unserer Begegnung mit Ananda samt schweißtreibendem Erklimmen seiner Plantage und Besuch in der Kooperative wird mir die Diskrepanz bewusst zwischen der existenziellen Rolle des Naturproduktes Zimt auf der Seite der kleinen Erzeuger im Ursprung und seiner gnadenlosen wertschöpferischen Ausbeutung als anonymer Konsumartikel im westlichen Supermarktregal. Irgendwie hat sich seit den Arabern im Mittelalter daran nicht viel geändert. Und nicht nur bei echtem Ceylon-Zimt, so besonders er auch sein mag.

Was ich in Sri Lanka über echten Ceylon Zimt dazugelernt habe

03.02.2019 | Gewürze, Reisen

Cinnamomum zeylanicum od. verum ist wirklich etwas Besonderes. Das fängt schon bei den Menschen an, die ihn erzeugen, verarbeiten und handeln. Sie werden immer Wert darauf legen, dass ihr Zimt der einzig wahre ist, der „echte Zimt“.

Kommt darauf an, wie man „echten Zimt“ definiert. Die Gattung Cinnamomum jedenfalls kommt nicht nur in Sri Lanka vor, und auf der Gattungsebene sind auch die chinesische Zimtkassie C. cassia, der vietnamesische C. loureiroi und der indonesische C. burmannii echte Zimte.

Worauf sich die Sri Lanker etwas einbilden dürfen ist, dass ihr Ceylon-Zimt wahrscheinlich der erste war, der schon im frühen Mittelalter im Westen Verbreitung fand und so eine Art Standard setzte. Dazu kommen Alleinstellungsmerkmale wie die vielen feinen Rindenschichten, die typischerweise in eine Zimtstange eingerollt werden, die feine Textur, der eher liebliche Geschmack und der sehr niedrige Cumarin-Gehalt im Vergleich zu den anderen Arten.

Das mit dem gesundheitsschädlichen Cumarin ist für mich keineswegs entschieden. Cumarin soll in höheren Dosen leberschädigend und krebserregend sein. Auch wenn die EU natürlich gleich einen Grenzwert von 0,1 mg je kg Körpergewicht als unbedenkliche Tagesdosis dekretiert hat, ist in der Humanmedizin kein einziger Fall dokumentiert, dass menschliche Individuen wegen dessen Überschreitung zu Schaden gekommen wären. Ratten indes schon.

Kürzlich las ich dagegen von Studien mit Gaben von C. cassia, in denen nachgewiesen werden konnte, dass das im Zimt enthaltene Cumarin die Metastasierung bei Lungenkrebs signifikant eindämmen kann.

Mehr zum Thema Cumarin kannst du in meinem Artikel „Cumarin in Zimt gefährlich?“ nachlesen. Deine persönliche unbedenkliche Dosis Cumarin in Zimt ermittelst du sehr einfach mit meinem Cumarin-Rechner. Eine kurze Einführung zu Cinnamomum verum findest du in meinem Post „True cinnamon. Echter Zimt.„.

Unsere Fahrt zu den Zimtfarmern führt von der Südwestküste ostwärts in die dschungelbewachsenen Mittelgebirge der Provinz Sabaragamuwa. Trotz exzellenter Fahrbahn brauchen wir für etwas mehr als hundert Kilometer gut zweieinhalb Stunden. Wir bewegen uns auf engen, kurvigen Straßen durch kleine Siedlungen und dichten Dschungel. Vor Biegungen wird gehupt, um den Entgegenkommenden zu warnen. Gebremst wird nicht. Wo sich der Busch am Straßenrand lichtet, eröffnen sich atemberaubende Ausblicke über sattgrüne Täler mit üppiger Vegetation. Und immer wieder Teeplantagen, die wie Lichtungen im Wald verstreut liegen.

Eine dieser Kooperativen erreichen wir bei strömendem Regen mitten im Dschungel. Der Strom fällt aus und ein Benzingenerator beginnt, seine Abgase in die Produktionsräume zu blasen. Ich registriere die Gelassenheit, mit der auf meinen vorsichtigen Einwand reagiert wird. Auf dem blanken Fußboden werden meterlange Quills, die die Farmer der Umgebung anliefern, in ein halbes Dutzend Qualitäten sortiert, gebündelt, geschnitten und versandfertig gemacht. Eine sichtbare Hygienevorkehrung ist das Ausziehen der Schuhe vor der Tür. Bis unter die Decke stapeln sich rustikal geschnürte Zimtballen, sortiert nach Qualitäten – ein beeindruckendes Bild.

Die günstigste Qualität FAQ (fair average quality) ist an den aus verschiedenen Zimtrindenteilen grob und locker geschichteten, dicken Quills zu erkennen. Etwa sechs Dollar kostet ein Kilogramm davon. Die Qualitäten H(amburg) und C(ontinental) bilden das mittlere Segment. Sie weisen die typische feine Schichtstruktur und hellbraune Farbe auf, an der wir in Europa Ceylon-Zimt erkennen. Die Spitzenqualität heißt Alba und sieht gar nicht aus wie Ceylon-Zimt: Sie besteht aus nur einer zu einem dünnen Quill gerollten, feinen Rindenschicht und ist dunkler als die anderen Qualitäten, fast wie C. cassia. Ihr Preis liegt bei anspruchsvollen 24 Dollar für das Kilo. Außer Safran und Vanille kenne ich kaum Gewürze, die im Ursprung mehr kosten. Eine gute Bio-Nelkenqualität vielleicht oder Kampot-Pfeffer. Und Kardamom natürlich.

In der Tat fällt mir bei meinen späteren Pfeffer-Checks auf, dass hier niemand zu Dumping neigt. Die Preise im sri-lankischen Ursprung sind gemessen an Weltmarktpreisen ordentlich. Die Erzeuger setzen sich im Bewusstsein ihrer guten, gefragten Qualität offensichtlich keinem Preisdruck aus.

Definierte Prozesse, Strukturen oder Hierarchien sind für den Besucher in der Kooperative nicht erkennbar. Dafür entspannte Routine und freundliches Miteinander. Ein vielleicht oberflächlicher Eindruck, der aber zu früheren Beobachtungen etwa im ebenfalls buddhistischen Thailand passt: Gelebte Harmonie und Friedfertigkeit in jeder Situation. Und es fehlt auch das verkäuferische Nachsetzen wie im Westen. Dass wir Fremden uns den Weg hierher gemacht haben, zählt in diesem Moment mehr für’s Karma als der unmittelbare geschäftliche Erfolg.

Mit etwas zeitlicher Distanz zu unserer Begegnung mit Ananda samt schweißtreibendem Erklimmen seiner Plantage und Besuch in der Kooperative wird mir die Diskrepanz bewusst zwischen der existenziellen Rolle des Naturproduktes Zimt auf der Seite der kleinen Erzeuger im Ursprung und seiner gnadenlosen wertschöpferischen Ausbeutung als anonymer Konsumartikel im westlichen Supermarktregal. Irgendwie hat sich seit den Arabern im Mittelalter daran nicht viel geändert. Und nicht nur bei echtem Ceylon-Zimt, so besonders er auch sein mag.

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