Auf der Suche nach Ubena

30.06.2018 | Reisen

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So nahe am vermuteten Ursprung von Ubena, machen wir uns eines Morgens auf die letzten achtzig Kilometer. Wir finden Sansibar abseits der Touristenrouten und Kinderglück am Hähnchengrill.

Irgendwo hier unten könnte er sein: Der Ort, der unserer Marke Ubena ihren Namen gab.

Unsere Reiseroute zum Google Maps Ubena-Pin an der Südspitze von Sansibar.

Unsere Reiseroute zum Google Maps Ubena-Pin an der Südspitze von Sansibar.

Minimale Ausrüstung, und natürlich kommen original Ubena Muster mit.

Minimale Ausrüstung, und natürlich kommen original Ubena Muster mit.

Wir fotografieren das Nichts, eine Feuerstelle, einen Ziegenschädel ...

Wir fotografieren das Nichts, eine Feuerstelle, einen Ziegenschädel …

Ubena gibt es hier nur auf Google Maps.

Ubena gibt es hier nur auf Google Maps.

Südlich von Kiwengwa freuen sich diese Kinder über gegrillte Hähnchenspieße.

Spontaner Kinderspaß mit gegrillten Hähnchenspießen kurz vor Kiwengwa.

Die Geschichte der Ubena Gewürze beschäftigt mich seit langem. Sie beginnt – lange vor mir – mit dem 1923 in Bremen gegründeten Gewürzhandelshaus Runkel & Frischen. Die Kaufleute beziehen einen Teil ihrer Gewürze aus Sansibar mit den Dampfschiffen der Deutschen Ost-Afrika Linie (DOAL). Eines davon heißt Ubena. Als Runkel & Frischen 1938 eine der ersten deutschen Gewürzmarken gründen, wählen sie als Markennamen den Namen des Schiffes – Ubena.

Seit 2000 gehören Ubena Gewürze zu dem Unternehmen, für das ich arbeite. Ubena soll international werden und eine fesselnde Geschichte erzählen. Daher will ich wissen, was sie bedeutet. Google Maps verortet Ubena im Südwesten Tansanias und im Süden Sansibars. Da wird Ubena mit einer Wasserstelle im Busch in Verbindung gebracht. Das klingt spannend, und wir buchen für Ostern 2018.

Ich nerve die Familie mit meinem Ubena-Fimmel. Immerhin bringe ich meinen Sohn Alex dazu, mit mir und zwei lokalen Begleitern – einer fährt, der andere übersetzt – in Richtung des Google Maps-Pins zu navigieren.

Zuvor sorgen erste Recherchen vor Ort erstmal für gedämpfte Erwartungen: Kein Einheimischer kann mit Ubena, schon gar nicht mit Ubena Gewürzen etwas anfangen. Noch nicht mal, als ich das Wort buchstabiere oder aufschreibe. Na dann – nichts wie los!

Unser Toyota-Van ist top in Schuss und sauber. Auch an gekühltes Mineralwasser haben unsere Begleiter gedacht. Hier gebe ich mal eine generelle Fünf-Sterne-Wertung an die Tour-Operatoren auf Sansibar: Sie sind zuverlässig, pünktlich und ihre Fahrzeuge sind gepflegt. So eine begleitete Tagestour kostet 100-120 Euro auf die Hand – value for money. Wir fahren nach Süden. Marktflecken, Dschungel, Felder wechseln einander ab. Scheinbar versprengte, magere Rinder weiden einzelstehend unter Palmen. Menschen sitzen oder liegen im Schatten vor ihren Hütten oder unter Bäumen. Die Tageshitze da draussen nimmt dem Leben seine Dynamik. Es sieht mehr aus wie Überleben. Nachdem wir den letzten bewohnten Flecken passieren, finden wir nur noch anhand unserer Offline-Karten im Telefon Orientierung. Wir geraten auf unbefestigte, staubige Wege, die unangenehm eng und steinig werden und in dürrem Unterholz auslaufen. Unser Fahrer gibt auf. Weiter geht es nur noch zu Fuß. Laut Karte sind wir jetzt nahe am Pin – hier soll Ubena sein?

Nun ist es Alex, der uns voran treibt. Er merkt, dass ich die Suche verloren gebe. Ich bin stolz auf ihn, dass er nicht aufgeben will und laufe tapfer mit. Wir fotografieren das Nichts, eine Feuerstelle, einen Ziegenschädel. Schließlich – undurchdringliches Gestrüpp. Ich wünsche mir eine Drohne und lasse mich – durchgeschwitzt wie ich bin – mit den mitgebrachten Ubena-Packungen am oder nahe des vermuteten Ubena-Pins fotografieren. Dann sehen wir ein: Ubena existiert hier nur auf Google Maps.

Wir kehren um, halten immer wieder an, vergleichen Karte und Landschaft, bitten Entgegenkommende um Auskunft. Indes – niemand hat hier je etwas von Ubena gehört. Die Eindrücke und Bilder, die sich uns auf dem Rückweg durch stille, schattige Siedlungen bieten, verstärken immerhin unser authentisches Afrika-Erlebnis. Zwar ist die (vergleichsweise, materielle) Armut vielerorts mit Händen zu greifen. In mir fühle ich aber Zweifel, ob die Menschen hier deswegen weniger glücklich sind als wir.

Sansibar

Reise in ein vermeintliches Seefahrer- und Gewürzparadies.

Termin im Zanzibar Coffee House

Treffen mit der lokalen Gewürzwirtschaft bei tansanischem Hochlandkaffee Arabica mit Zimt und Kardamom

Als sich unsere Ubena-Expedition ihrem Ende nähert, bekommen wir Hunger und machen Halt an einem der Grillstände am Straßenrand, irgendwo südlich von Kiwengwa. Das Tagesangebot – Hühnchenspieße und Salat. Den Salat lassen wir weg und freuen uns auf die Spieße, die in einer würzigen Tunke baden, bevor sie aufs Rost kommen. Anders als in Wegwerf-Deutschland, wird hier das ganze Huhn rückstandsfrei verwertet, heißt auf dem Spießchen finden sich außer Fleisch gerne auch Knorpel und Knochen. Registriert wird das nur von Alex und mir. Macht nichts, das Gericht hat Würze vom Feinsten. Während wir Hühnchenspießchen knabbernd am Straßenrand stehen, werden wir, eins nach dem anderen, von immer mehr Kindern aus der Umgebung umringt. Kinder, die uns beim Essen zusehen. Der Impuls ist kurz und heftig. Ich bitte unsere Begleiter, die Kinder zum Grill zu schicken und den Grillmaster, jedem von ihnen auf meine Rechnung einen Spieß in die Hand zu drücken. Dass sich wenig später gefühlt noch eine ganze Schulklasse am Grill anstellt, erwähne ich auch noch. Wir schauen in viele glückliche Kinderaugen – das nehmen wir mit vom Straßenrand irgendwo südlich von Kiwengwa. Ubena gesucht und Kinderglück gefunden – doch kein so schlechtes Ende einer vergeblichen Suche.

Nachtrag. Natürlich verfolge ich jetzt die Tansania-Spur weiter. Viele nächtliche Online-Recherchen später stoße ich auf Bena. Ein Bantu-Volk im Südwesten Tansanias. Normalerweise gilt hier Swaheli als Amtssprache. Ich ahne jetzt, dieser Google Maps-Pin liegt näher am Ubena-Ursprung als der im Süden Sansibars. In einer britischen Online-Enzyklopädie finde ich die vorläufige Auflösung: Ubena entspricht Bena mit Präfix U, der in der Sprache der Bantu Land oder Territorium bedeutet. U|Bena heißt Land der Bena. Das liegt in Tansania, zu dem Sansibar gehört. Irgendwie mache ich daraus die spannende Ubena-Story, wegen der ich gekommen war. (Ubena Gewürze)

Nachtrag 2. Weiter Googlen erbrachte noch diesen aufschlussreichen Link auf eine Landschaftsbeschreibung im SW Tansanias.

Nachtrag 3. Hier nun lege ich mich fest: Ubena ist ein (ländlich-urban) gemischter Gemeindebezirk (17.600 EW) und Teil von Makambako Town im Südlichen Hochland Tansanias. Ubena Gewürze haben also ihren Namen vom Bantu-Volk der Bena, dessen angestammte Territorien einem tansanischen Landkreis seinen Namen gaben.

Auf der Suche nach Ubena

30.06.2018 | Reisen

Die Geschichte der Ubena Gewürze beschäftigt mich seit langem. Sie beginnt – lange vor mir – mit dem 1923 in Bremen gegründeten Gewürzhandelshaus Runkel & Frischen. Die Kaufleute beziehen einen Teil ihrer Gewürze aus Sansibar mit den Dampfschiffen der Deutschen Ost-Afrika Linie (DOAL). Eines davon heißt Ubena. Als Runkel & Frischen 1938 eine der ersten deutschen Gewürzmarken gründen, wählen sie als Markennamen den Namen des Schiffes – Ubena.

Seit 2000 gehören Ubena Gewürze zu dem Unternehmen, für das ich arbeite. Ubena soll international werden und eine fesselnde Geschichte erzählen. Daher will ich wissen, was sie bedeutet. Google Maps verortet Ubena im Südwesten Tansanias und im Süden Sansibars. Da wird Ubena mit einer Wasserstelle im Busch in Verbindung gebracht. Das klingt spannend, und wir buchen für Ostern 2018.

Ich nerve die Familie mit meinem Ubena-Fimmel. Immerhin bringe ich meinen Sohn Alex dazu, mit mir und zwei lokalen Begleitern – einer fährt, der andere übersetzt – in Richtung des Google Maps-Pins zu navigieren.

Zuvor sorgen erste Recherchen vor Ort erstmal für gedämpfte Erwartungen: Kein Einheimischer kann mit Ubena, schon gar nicht mit Ubena Gewürzen etwas anfangen. Noch nicht mal, als ich das Wort buchstabiere oder aufschreibe. Na dann – nichts wie los!

Unser Toyota-Van ist top in Schuss und sauber. Auch an gekühltes Mineralwasser haben unsere Begleiter gedacht. Hier gebe ich mal eine generelle Fünf-Sterne-Wertung an die Tour-Operatoren auf Sansibar: Sie sind zuverlässig, pünktlich und ihre Fahrzeuge sind gepflegt. So eine begleitete Tagestour kostet 100-120 Euro auf die Hand – value for money. Wir fahren nach Süden. Marktflecken, Dschungel, Felder wechseln einander ab. Scheinbar versprengte, magere Rinder weiden einzelstehend unter Palmen. Menschen sitzen oder liegen im Schatten vor ihren Hütten oder unter Bäumen. Die Tageshitze da draussen nimmt dem Leben seine Dynamik. Es sieht mehr aus wie Überleben. Nachdem wir den letzten bewohnten Flecken passieren, finden wir nur noch anhand unserer Offline-Karten im Telefon Orientierung. Wir geraten auf unbefestigte, staubige Wege, die unangenehm eng und steinig werden und in dürrem Unterholz auslaufen. Unser Fahrer gibt auf. Weiter geht es nur noch zu Fuß. Laut Karte sind wir jetzt nahe am Pin – hier soll Ubena sein?

Nun ist es Alex, der uns voran treibt. Er merkt, dass ich die Suche verloren gebe. Ich bin stolz auf ihn, dass er nicht aufgeben will und laufe tapfer mit. Wir fotografieren das Nichts, eine Feuerstelle, einen Ziegenschädel. Schließlich – undurchdringliches Gestrüpp. Ich wünsche mir eine Drohne und lasse mich – durchgeschwitzt wie ich bin – mit den mitgebrachten Ubena-Packungen am oder nahe des vermuteten Ubena-Pins fotografieren. Dann sehen wir ein: Ubena existiert hier nur auf Google Maps.

Wir kehren um, halten immer wieder an, vergleichen Karte und Landschaft, bitten Entgegenkommende um Auskunft. Indes – niemand hat hier je etwas von Ubena gehört. Die Eindrücke und Bilder, die sich uns auf dem Rückweg durch stille, schattige Siedlungen bieten, verstärken immerhin unser authentisches Afrika-Erlebnis. Zwar ist die (vergleichsweise, materielle) Armut vielerorts mit Händen zu greifen. In mir fühle ich aber Zweifel, ob die Menschen hier deswegen weniger glücklich als wir.

Als sich unsere Ubena-Expedition ihrem Ende nähert, bekommen wir Hunger und machen Halt an einem der Grillstände am Straßenrand, irgendwo südlich von Kiwengwa. Das Tagesangebot – Hühnchenspieße und Salat. Den Salat lassen wir weg und freuen uns auf die Spieße, die in einer würzigen Tunke baden, bevor sie aufs Rost kommen. Anders als in Wegwerf-Deutschland, wird hier das ganze Huhn rückstandsfrei verwertet, heißt auf dem Spießchen finden sich außer Fleisch gerne auch Knorpel und Knochen. Registriert wird das nur von Alex und mir. Macht nichts, das Gericht hat Würze vom Feinsten. Während wir Hühnchenspießchen knabbernd am Straßenrand stehen, werden wir, eins nach dem anderen, von immer mehr Kindern aus der Umgebung umringt. Kinder, die uns beim Essen zusehen. Der Impuls ist kurz und heftig. Ich bitte unsere Begleiter, die Kinder zum Grill zu schicken und den Grillmaster, jedem von ihnen auf meine Rechnung einen Spieß in die Hand zu drücken. Dass sich wenig später gefühlt noch eine ganze Schulklasse am Grill anstellt, erwähne ich auch noch. Wir schauen in viele glückliche Kinderaugen – das nehmen wir mit vom Straßenrand irgendwo südlich von Kiwengwa. Ubena gesucht und Kinderglück gefunden – doch kein so schlechtes Ende einer vergeblichen Suche.

Nachtrag. Natürlich verfolge ich jetzt die Tansania-Spur weiter. Viele nächtliche Online-Recherchen später stoße ich auf Bena. Ein Bantu-Volk im Südwesten Tansanias. Normalerweise gilt hier Swaheli als Amtssprache. Ich ahne jetzt, dieser Google Maps-Pin liegt näher am Ubena-Ursprung als der im Süden Sansibars. In einer britischen Online-Enzyklopädie finde ich die vorläufige Auflösung: Ubena entspricht Bena mit Präfix U, der in der Sprache der Bantu Land oder Territorium bedeutet. U|Bena heißt Land der Bena. Das liegt in Tansania, zu dem Sansibar gehört. Irgendwie mache ich daraus die spannende Ubena-Story, wegen der ich gekommen war. (Ubena Gewürze)

Nachtrag 2. Weiter Googlen erbrachte noch diesen aufschlussreichen Link auf eine Landschaftsbeschreibung im SW Tansanias.

Nachtrag 3. Hier nun lege ich mich fest: Ubena ist ein (ländlich-urban) gemischter Gemeindebezirk (17.600 EW) und Teil von Makambako Town im Südlichen Hochland Tansanias. Ubena Gewürze haben also ihren Namen vom Bantu-Volk der Bena, dessen angestammte Territorien einem tansanischen Landkreis seinen Namen gaben.

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