Kampot Pfeffer: Ist er um so viel besser wie er teurer ist?

Dass Kampot Pfeffer der teuerste Pfeffer ist, war mir bekannt. Aber ist er auch der beste? Ich wollte es genau wissen und flog mit meiner Familie nach Kambodscha.

Roter Kampot Pfeffer in bester, handselektierter und homogener Qualität

Roter Kampot Pfeffer in bester, handselektierter und homogener Qualität.

Mein Job bringt es mit sich, dass ich mich regelmäßig mit Gewürzpreisen und -qualitäten auseinandersetze. Oft geschieht das im Kontext von Ausschreibungen des Handels. Der will immer die beste Qualität und die zum niedrigsten Preis. Meine Firma verfolgt einen strikten Qualitäts- und Nachhaltigkeitsansatz, weshalb wir im Unterbietungswettbewerb oft nur zweiter Sieger sind. Irgendeiner kann es immer noch einen Tick billiger.

Auch Kampot-Pfeffer gehört zur Art Piper nigrum. Mehr …

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Was bleibt, ist eine verlässliche Sensibilität für die Qualität-Preis-Balance. Mit den Jahren habe ich gelernt, dass auch für identische Qualitäten unterschiedlich hohe Preise verlangt und gezahlt werden können. Die Gründe für Preisunterschiede bei gleicher Qualität sind vielfältig und reichen vom einkäuferischen Geschick und der Weiterverarbeitung über die interne Logistik bis hin zum Qualitätssicherungsaufwand, den ein Anbieter betreibt. Bekanntheit und Reputation spielen auch eine Rolle. Preisdifferenzen liegen dabei immer innerhalb eines Korridors von, sagen wir, wenigen, manchmal auch 10-20 Prozent.

Überlagert wird das Qualität-Preis-Thema regelmäßig von saisonalen und/oder längerfristigen Entwicklungen am Ursprung – Eigenverbrauch, Wetter, Ernte, Spekulation. Am Ende läuft alles auf eins hinaus: Verfügbarkeit. Bringt sich dann noch die EU-Bürokratie mit z.T. absurden Grenzwerten für alles Mögliche ins Spiel, wird es komplex. Im Ergebnis sind die Gewürzpreise am Weltmarkt durchaus volatil. Insbesondere Pfeffer ist enormen Schwankungen unterworfen.

Kampot Pfeffer als Ausnahme

Nur einer nicht: Kampot-Pfeffer. Nicht, dass sein Preis nicht mal schwankt. Er tut das, aber immer moderat und am oberen Ende der Skala. Kampot-Pfeffer ist nicht um wenige oder 10-20 Prozent teurer als „gewöhnlicher“ Pfeffer, sondern um ein Vielfaches. Mindestens.

Etwa 1 kg frischer Kampot Pfeffer kann pro Jahr und Pflanze geerntet werden.

Etwa 1 kg frischer Kampot Pfeffer kann pro Jahr und Pflanze geerntet werden.

An der Stelle etwas Hintergrund: Kambodscha ist ein kleiner Pfefferursprung mit etwa 2.500 bis 4.000 Tonnen pro Jahr. Nur ein verschwindend geringer Teil, nämlich um die 100 Tonnen davon sind echter Kampot-Pfeffer mit dem Herkunftssiegel (PGI) der Kampot Pepper Promotion Association (KPPA), dem in den Provinzen Kampot und Kep ansässigen Erzeugerverband. Nur auf den rund 250 Hektar seiner 440 Mitglieder kann Kampot-Pfeffer erzeugt werden. Das ist im Durchschnitt nicht mal eine Tonne pro Farm und Jahr. Dies und die geringen Betriebsgrößen sprechen für eine starke Fragmentierung in dem Bereich.

Während wir also 100 g generischen „Pfeffer weiß ganz“ online ab Lager Deutschland für um die 2,80 Euro verkaufen, zahlen wir am Ursprung im Shop der Erzeugerfarm 5,00 bis 6,00 Dollar für die gleiche Menge „Kampot-Pfeffer weiß ganz“. Geniales Pricing!

Wie das geht? Hier meine „7 Guten Gründe“:

1. Echter Kampot-Pfeffer ist eine Rarität

Die Größe des herkunftsgeschützten Anbaugebietes in den Provinzen Kampot und Kep steht endgültig fest. Sie wird in der Fläche nicht mehr wachsen. Entsprechend sind die erzielbaren Jahreserträge gedeckelt. Sie können von Jahr zu Jahr schwanken, werden aber nie die Größenordnung 100 + x Tonnen überschreiten. Das sind beste Voraussetzungen für knallhartes Knappheits-Marketing.

2. Geringe Betriebsgrößen zwingen zu traditioneller Erzeugung

Abgesehen von größeren Projekten wie „La Plantation“ sind typische Betriebe diversifizierte Farmen mit wenigen Hektar Land, von denen vielleicht einer mit Pfeffer bestellt ist. Außer Pfeffer gedeihen dort auch Banane, Pomello, Mango oder Jackfruit. Die Diversifizierung sichert den Farmern das wirtschaftliche Überleben. Pfeffer in Monokultur ist sehr anfällig und ein Pilzbefall etwa könnte eine ganze Pflanzung auf Jahre hinaus nachhaltig treffen.

3. Einzigartige Qualität der Böden

Während der Trockenzeit sind die Wege zu den Farmen in dichte rote Staubwolken gehüllt.

Die roten Böden im Anbaugebiet Kampot bestehen aus Tonerde, Kalkstein und rotem Quartz. Diese seltene Kombination lässt in der Trockenzeit alle wegenahen Siedlungen in rotem Staub versinken. Sie lässt auch die Plantagenböden oberflächlich verharschen, was die knappe Feuchtigkeit im Boden hält. Außerhalb der Regenzeit muss manuell bewässert werden. Außerdem sorgt der so vorliegende Nährstoff- und Mineralienmix für die einzigartige Aromatik des Kampot-Pfeffers.

4. Kampot-Pfeffer gedeiht im eigenen Mikroklima

Das Kampot-Mikroklima entsteht im Schutz der vielleicht 1000 Meter Höhe erreichenden Elefantenberge, die das Anbaugebiet umschließen und in deren Schatten es mehr regnet als im Rest des Landes. Dazu kommt das Seeklima am Golf von Thailand, dessen feuchte Winde salzhaltige Meeresluft über die Plantagen treiben.

5. Traditionelle Handarbeit

Kurzes Volontariat in manueller

Kurzes Volontariat in manueller „A-Grade“ Selektion von Kampot Pfeffer.

Im Anbaugebiet Kampot überwiegt schonende Handarbeit. Nennenswerte Mechanisierung gibt es weder in der Bewirtschaftung, noch in der Weiterverarbeitung. Typische Werkzeuge sind Strohsieb und Pinzette. Buchstäblich jedes Pfefferkorn wird so von Hand begutachtet und sortiert. Am Ende hat man im „Grade A“ Pfeffer-Qualität, -Farbe und -Korngröße von solcher Homogenität, wie man sie in gewöhnlichen Produkten nicht antrifft.

6. Erzeugerverband garantiert Herkunft und Qualitätsstandards

Bis zu vier Siegel bescheinigen Qualität und Echtheit des Ursprungs.

Jedenfalls eigentlich. Ein Produkt mit echtem Kampot-Pfeffer erkennt man äußerlich am obligatorischen Siegel der KPPA. Nur dieses Siegel erlaubt es dem Erzeuger, die „Protected Geographical Indication“ (PGI) Kampot auf seinen Produkten auszuloben. Allerdings sind die vielen Märkte der Gegend, auf denen billiger vietnamesischer Pfeffer – natürlich ohne Herkunftsnachweis – als „Kampot“-Pfeffer zu Dumpingpreisen an ahnungslose Touristen verkauft wird, da eine echte Herausforderung. Auch bei Online-Shops sollte man genau hinschauen. Nicht alles, was dort als Kampot-Pfeffer angeboten wird, darf auch so heißen. Also auf die Siegel achten!

Links: Das „Kampot Pepper“-Siegel weist den Anbieter als Mitglied der KPPA aus. Rechts: Das „PGI“-Siegel bescheinigt die Herkunft des Produktes aus dem geschützten Ursprung Kampot.

Echter Kampot-Pfeffer ist auch ohne Zertifikat immer Bio/Organic. Die KPPA-Standards untersagen den Einsatz von Chemikalien. Gewöhnlich sind die Farmen auch ECOCERT-zertifiziert. Und den Pflanzen sieht man durchaus an, dass da nicht gespritzt wird.

Von gewisser Relevanz ist noch, dass nach den KPPA-Satzungen für den Anbau im geschützten Ursprung Kampot nur zwei Piper nigrum-Varietäten zugelassen sind: Der lokale Kamchay und der indonesische Lampong – eine kleinblättrige und eine großblättrige Pfefferranke.

7. Zur Story des Ursprungs Kampot gehören Tourismus und soziale Projekte

La Plantation: Vorbild in Nachhaltigkeit und Fairness.

In erstaunlich kurzer Zeit etabliert sich um Kampot-Pfeffer eine Story, die ihn berühmt macht und hält. Im 19. Jhd. sollen Chinesen erstmals Pfeffer aus Kerala in das heutige Kambodscha gebracht und heimisch gemacht haben. Seine Blüte erlebt der Anbau unter der französischen Kolonialherrschaft, als Kambodscha Mitte des 20. Jds. um die 18.000 Tonnen Pfeffer jährlich nach Europa exportiert. Unter Pol Pot (1975-79) wurden die Plantagen zwangsgerodet und die Farmer zu Reisbauern gemacht. Die Gegend um die kolonialen Küstenkurorte Kampot und Kep erholt sich danach zügig und etabliert ihren Premium-Ursprungspfeffer.

Das Kampot-Bild vervollständigen sanfter Tourismus und soziale Entwicklungsprojekte, die im Umfeld und auf Initiative der lokalen Pfefferwirtschaft entstanden sind. „La Plantation“ steht hier exemplarisch dafür, wie soziale Verantwortung und geschäftliches Interesse in nachhaltiges Wirtschaften zum Wohle aller münden können.

Die Vision Kampot Pfeffer ist ihr Geld wert

Den finalen Beleg einer sensorischen oder phytochemischen Überlegenheit von Kampot-Pfeffer gegenüber anderen Ursprungs-Pfeffern, etwa Tellicherry, Sarawak oder Muntok, hat meine Reise auf die Plantagen nicht erbracht. Vielleicht hilft mir die Fortbildung zum Gewürz-Sommelier, die im Februar startet, hier irgendwann weiter. Im Netz kursieren derweil atemberaubende degustatorische Darstellungen, die dem unschuldigen Kampot-Pfeffer so ziemlich alle Aromen dieser Welt andichten. Um das richtig einzuordnen, bedarf es etwas mehr sachlichen Hintergrunds. Mir liegen Erzeuger-Spezifikationen von Rotem Kampot-Pfeffer vor, die 3,6% Piperin und 2-4% ätherisches Öl ausweisen. Diese Werte liegen innerhalb der üblichen Limits. Sie sind gut, aber nicht sensationell.

Piperin ist die Substanz, die für die Schärfe des Pfeffers sorgt. Die ätherischen Öle enthalten die die Aromatik bestimmenden sekundären Pflanzenstoffe.

In der Zusammenschau aller Faktoren, die echten Kampot-Pfeffer ausmachen (meine „7 Guten Gründe“), ist und bleibt er auch für mich etwas ganz Besonderes, und zwar organoleptisch ebenso wie, sagen wir, soziokulturell. Wenn ich dann noch meinen Blick auf den Ursprung Kampot weite und Aspekte wie zunehmende Diversität und hohes Innovationspotential (gesalzener und fermentierter Pfeffer etwa oder „Perlen“ und „Leder“ vom Langen Pfeffer), soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit mit einbeziehe, dann ist auch sein hoher Preis gerechtfertigt. Dann ist Kampot die wahr werdende Vision vom fairen Umgang mit den Menschen am Ursprung der Gewürze.

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